Gute Nachricht für Gebrauchtwagenbesitzer: Selbst mit der Einführung der WLTP Messung werden die Schadstoffangaben alter Fahrzeuge nicht im Nachhinein nach oben korrigiert.
Die alten CO2-Werte gelten weiterhin für die Berechnung der Kfz-Steuer. Käufer von Neuwagen dagegen haben vom nächsten Jahr an das Nachsehen.
Für sie gelten die Veränderungen nach der WLTP-Norm, wenn das Fahrzeug ab September 2018 neu zugelassen wird. Das bedeutet in den meisten Fällen ein Anstieg der Kfz-Steuer.
RDE – Real Driving Emissions Tests

Foto: TÜV Hessen
Vor allem Stickoxide von Dieselfahrzeugen waren bislang massiv unterbewertet worden und übertreffen im echten Fahrbetrieb die Grenzwerte um ein Vielfaches. Daher plant die EU die Einführung von RDE (Real Driving Emissions) zur Messung von Stickoxid-Emissionen auch während der Fahrt, die für eine Typgenehmigung neuer Fahrzeuge verpflichtend werden würde.
Dazu müssen portable Messsensoren im Rahmen von PEMS (Portable emissions measurement system) am Auto befestigt werden, die Stickoxid-Emissionen in den Abgasen während der Fahrt analysieren sollen. Solche Messungen gehören heute schon zur Zulassungsvoraussetzung von Euro 6-Lkw.
Parallel zur Einführung von RDE-Tests ist das WLTP-Verfahren für September 2017 vorgesehen.
Die WLTP-Norm ab 2018
2018 wird das alte NEFZ-Prüfverfahren durch die WLTP-Norm ersetzt. Das sogenannte „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ als neuer Standard soll die Abgasgesetzgebung revolutionieren und dem Abgasskandal der letzten Monate und Jahre Rechnung tragen.
Erklärtes Ziel: Kraftstoffverbrauch und Emissionen eines Fahrzeugs sollen zuverlässiger und repräsentativer ermittelt werden können als bisher. Darüber hinaus sind Varianzen weitgehend reduziert und der Testaufwand geringgehalten.
Der Staat erwartet durch eine realistischere Taxierung der Verbräuche Steuermehreinnahmen vom mehreren hundert Millionen Euro, die ihm bislang durch geschönte Angaben entgangen waren.
Dem neuartigen Verfahren zur Verbrauchsermittlungen von Pkw liegen Bestrebungen zu Grunde, vor dem Hintergrund der „Sprit-Lüge“ zu realistischeren Einschätzungen zu kommen. Avisiert ist eine weitgehende Annäherung eines Fahrzeugs an tatsächliche Ökobilanzen.
Deutlich realistischere CO2-Werte sollen aus praxisnäheren Verbrauchsmessungen bei WLTP führen, die durch eine
- Steigerung des Maximaltempos von 120 km/h auf 131 km/h
- Ausweitung des Testzyklus von bislang 20 Minuten auf bis zu 30 Minuten
- praxisnähere Ausgestaltung der Beschleunigungskurven erzielt werden.
Der simpel anmutenden Erkenntnis geschuldet, dass Kfz nicht gleich Kfz und Fahr- und Streckensituationen höchst individuell sind, und in einem realitätskonformeren Mix unterschiedlichster Fahrszenarien neu bewertet werden müssen, hoffen Finanzexperten, künftig auch zu bedarfsgerechteten Kfz-Steuersätzen zu gelangen.
Denn: Experten sagen um acht Prozent höher liegende Verbrauchswerte voraus, realistischeren Verbräuchen geschuldet, wie sie WLTP durch seinen Fokus auf weltweite Fahrdaten und ihrer dynamischeren Ausrichtung offenlegen soll.
Ab September 2019 wird das neue WLPT-Prüfverfahren für alle neu zugelassenen Fahrzeuge verpflichtend sein. Dagegen bleibt es bei den bisherigen Schadstoffangaben von Gebrauchtfahrzeugen. Die alten CO2-Werte gelten weiterhin für die Berechnung der Steuer, statt sie im Nachhinein nach oben zu korrigieren.
WLTP misst mit Drei verschiedenen Fahrzyklen
Im Gegensatz zu seinem als extrem unrealistisch eingeschätzten NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) -Vorgänger, gibt es bei WLTP nun drei verschiedene Fahrzyklen, abhängig vom Leistungsgewicht des Fahrzeugs. Geplant ist eine überwiegende Messung des Fahrzeugbestands in der dritten Zyklus-Klasse, die bei über 46 PS pro Tonne beginnt.
Der Zyklus der Abgasmessung:
- startet im Kaltstart
- führt über eine Strecke von 23,25 km
- muss in 30 Minuten abgeschlossen sein.
Aus den gewonnenen Daten ergibt sich bereits eine erheblich höhere Durchschnittsgeschwindigkeit von 46,6 km/h, die auf um 13 Prozent deutlich reduziertere Standphasen gegenüber NEFZ zu erklären sind.
Außerdem sieht WLTP eine längere Extra High-Fahrphase mit maximal 131 km/h im Anschluss vor, die einen Autobahnabschnitt simulieren soll. Eine durchschnittliche Antriebsleistung von rund zehn PS bleibt auch im neuen Zyklus erhalten. In der Spitze können es auch 64 PS sein.
Neu ist gegenüber NEFZ auch, dass Sonderausstattungen in Gewicht, Aerodynamik und Ruhestrom-Bedarf erstmals eine Rolle spielen sollen.
Fazit: Es gibt auch Kritik
Seitdem die Höhe der Kfz-Steuer an den CO2-Ausstoß gekoppelt ist, war zu beobachten, dass Autohersteller immer unrealistischere Verbrauchswerte an die Zulassungsbehörden meldeten. Sehr zum Ärgernis der Verbraucher führte das zu finanziellen Mehrbelastungen, zu hohen Kfz-Steuerausfällen und einer schleichenden Unterwanderung von Klimaschutzbemühungen.
So wurden bislang Autos in Deutschland nur auf dem Papier sparsamer und emissionsärmer. Nach offiziellen Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes ging der CO2-Ausstoß von Neuwagen zwischen 2009 und 2013 von 154 auf 136 Gramm CO2 pro Kilometer zurück – eine Täuschung mit weitreichenden Folgen.
Diverse Bemühungen wie RDE und WLTP sollen den Missstand nun ändern.
Als Reaktion befürchten die Hersteller jedenfalls schon heute, dass mit der für 2017 von der Europäischen Union geplanten Einführung des neuen Fahrzyklus WLTP eine Verschärfung der Auflagen zu erwarten ist. Aus Expertensicht könnten die mit dem Verfahren ermittelten durchschnittlichen Verbrauchswerte der Fahrzeuge bis zu 25 Prozent höher als beim bisherigen NEFZ-Messzyklus ausfallen. Herstellern drohen Strafzahlungen von 95 Euro pro Fahrzeug für jedes Gramm CO2 über dem Zielwert.
Entgegen aller propagierten Segnungen neuer Prüftestverfahren zur realistischeren Taxierung der Kfz-Steuer bemängeln Kritiker aber auch an WLTP, dass die Testprozedur keinen globalen Standard setzen kann. Eine zentrale Prämisse von WLTP, zu jeder Zeit an jedem Ort der Welt bei ein und demselben Fahrzeug zu identischen Messergebnissen kommen zu können, scheitert aus ihrer Sicht bereits an der Tatsache, dass sich einige Staaten wie die USA, Indien oder Korea aus den Standardisierungs-Bemühungen verabschiedet haben. WLTP können seine Herkunft als primär geistiges Kind EU-weiter Harmonisierungsbestrebungen nicht verleugnen.
Auch könne WLTP – seiner grundlegenden Konzeption als reiner Prüfstands-Test geschuldet – abseits realer Teststrecken und wirklichkeitsnaher Emissions- und Verbrauch-Szenarien nur unzureichend zu realistischen Werten gelangen.