In den letzten Jahren ist ein besorgniserregender Trend zu beobachten. Immer häufiger müssen führende Automobilproduzenten ihre Fahrzeuge in die Werkstätten beordern. Die letzten Jahre waren Rekordjahre für Rückrufaktionen und betroffen sind längst nicht nur Pkw-Modelle aus Fernost, sondern auch immer mehr Fahrzeuge renommierter Hersteller wie z. B. Volkswagen müssen zurückbeordert werden.
Neues Rekordniveau bei Auto-Rückrufaktionen
Der Kampf der Automobilhersteller mit den Qualitätsproblemen, die teils gravierende Folgen nach sich ziehen können, geht in die nächste Runde. Nach besorgniserregenden Zahlen aus den USA ist nun auch in Deutschland ein neues Rekordniveau bei Auto-Rückrufaktionen erreicht worden.
Wie das Center of Automotive Management (CAM) berichtet, haben Automobilhersteller alleine in Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 1,9 Millionen Fahrzeuge zurückbeordert. Gemessen an den Neuzulassungen beträgt die Rückrufquote imposante 63 Prozent, wobei es sich bei dieser Zahl um den höchsten Wert in Deutschland handelt, der seit der des Produktsicherheitsgesetzes im Jahr 1997 je gemessen wurde.

Im Jahr 2013 lag die Rückrufquote noch bei 37 Prozent, wobei 1,1 Millionen Fahrzeuge betroffen waren. Das Center of Automotive Management hat in Deutschland kürzlich eine Analyse von 127 Rückrufaktionen durchgeführt. Die Analyse ergab, das fast 600.000 Fahrzeuge demnach wegen defekter Airbags des japanischen Herstellers Takata zurück in die Werkstätten mussten. Ist der Höhepunkt der Rückrufzahlen damit erreicht? Die Münchner Unternehmensberatung Kemény Boehme & Company geht nicht davon aus. Denn die Sensibilität von Behörden und Verbrauchern sei erheblich erhöht. Fahrzeughersteller und Zulieferer steckten somit immer noch im Fokus kritischer Überprüfung und stünden dadurch erheblich unter Druck. Grundsätzlich müsse man sich die Frage stellen: Welche Prozesse haben ursächlich nicht funktioniert? Prozessveränderungen bzw. Prozessverbesserungen mit Eingriffen in Strukturen, Organisationen und im Bereich der Mitarbeiterqualifikation sollten sich daraus ableiten lassen. Der größte Kostentreiber beim Rückruf sei die Gesamthöhe der betroffenen Produktionschargen.
Hier müsse gezielt in Mechanismen und Strukturen zur Früherkennung und Risikobewertung von kritischen Fehlern investiert werden. Die Unternehmensberatung Kemény Boehme & Company zeigt auf der Homepage kbc-consultants.com eine Analyse möglicher Strategien zur Rückrufvermeidung.
Japanische Fahrzeuge weisen die meisten Probleme auf
Fahrzeuge aus japanischer Manufaktur hatten in den vergangenen Jahren die auffälligsten Qualitätsprobleme, aber auch Pkws von Premiumanbietern wie z. B. BMW oder Land Rover hatten mit Qualitätsmängeln zu kämpfen. Der Spitzenreiter unter den japanischen Automobilproduzenten mit der höchsten Rückrufquote ist Subaru. Der japanische Nischenhersteller konnte zwar im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 6200 Fahrzeuge auf dem deutschen Markt absetzen musste aber im selben Zeitraum fast 40.000 Pkw-Modelle zurückrufen, woraus sich eine Rückrufquote von 640 Prozent ergibt. Auch der traditionsreiche Automobilproduzent Honda, der lange Zeit für Premiumfahrzeuge als Fernost stand, schneidet schlecht ab. In den USA kam der japanische Autobauer im vergangenen Jahr auf eine Rückrufquote von 577 Prozent. Von den deutschen Automobilherstellern hat BWM die meisten Probleme. Die Rückrufquote der Bayerischen Automobilschmiede betrug hierzulande im letzten Geschäftsjahr stolze 159 Prozent, wodurch die Münchner am fünfschlechtesten Platz landeten. Auch auf dem nordamerikanischen Automobilmarkt musste BMW eine bittere Pille schlucken. In den USA belegte BMW mit einer Rückrufquote von 227 Prozent den unangefochtenen Spitzenplatz. 2014 musste BWM auf dem US-Markt rund 900.000 Fahrzeuge zurückbeordern, um teils gravierende Sicherheitsmängel zu beseitigen. Der Großteil der Fahrzeuge wurde wegen defekter Airbags in die Werkstätten beordert, die in den Modellen der 3er-Modellreihe eingebaut wurden.
Immer öfter sind sicherheitsrelevante Teile betroffen
Eine Tatsache ist bei den jüngsten Rückrufaktionen besonders besorgniserregend. Ein Großteil der Fahrzeuge wurde wegen defekter sicherheitsrelevanter Teile zurückgerufen, die in erster Linie dem direkten Schutz der beförderten Menschen dienen. Wie das Center of Automotive Management berichtet, wurden rund 41 Prozent der Fahrzeuge wegen Mängeln an sicherheitstechnischen Systemen in die Werkstätten befördert. Den zweithäufigsten Grund stellen mit 27 Prozent Karosseriemängel dar, während Mängel an Lenkanlage, Elektronik und Getriebe für jeweils acht Prozent der zurückgerufenen Fahrzeuge verantwortlich sind. Verantwortlich für diesen Trend ist das noch bis vor Kurzem hochgelobte Baukastenprinzip, bei dem die gleichen Teile in viele unterschiedliche Fahrzeugmodelle verbaut werden. Wenn eins davon mangelhaft ist, sind sehr schnell Hunderttausende von Fahrzeugen betroffen, die dann nachgebessert werden müssen.