Auffahrunfälle Urteile

Nicht auf dem Standstreifen weiterfahren
Ein Autofahrer, der auf eine Autobahn auffahren will, darf – wenn er es nicht schafft – nicht auf dem Standstreifen weiterfahren, um sich dann später einzugliedern.

Ein Auto war weiter gefahren und hatte ein Streckenkontrolle-Fahrzeug gerammt. Der Fahrer handelte extrem sorgfaltswidrig und muss den Schaden komplett selbst tragen, urteilten die Richter. Landgericht Gießen, 1 S 38/03

Überfahren der Sperrflächen verboten
Wird eine Straße durch eine schaffierte Sperrfläche verengt und eröffnen sich anschließend zwei spuren, darf der Fahrer dennoch nicht zur Abkürzung vorfahren. Überfährt er die Sperrfläche dennoch und rutscht dabei einem vorausfahrenden Pkw auf das Heck, trägt er letzlich die alleinige Schuld an dem Unfall
Landgericht Dortmund, 15 S 277/02

Auffahrende haftet nicht immer

Kann ein Verkehrsteilnehmer nach einem Auffahrunfall beweisen, dass der Vorausfahrende ohne erkennbaren Grund gebremst hat, kann dieser verpflichtet werden, den verursachten Schaden teilweise oder vollständig zu übernehmen. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden (Az. 71 O 2130/11).Wie die Deutsche Anwaltshotline meldet, fuhr ein Autofahrer einem vorausfahrenden Wagen in das Heck, weil dieser plötzlich stark abbremste und zum Stehen kam. Der Vorausfahrende war der Meinung, dass der Hintermann die Schuld am Unfall trage, weil er ihm aufgefahren ist. Da die Schuldfrage außergerichtlich nicht zu klären war, klagte der Auffahrende vor Gericht.

Mit Erfolg: Das Oberlandesgericht München gab dem Kläger recht, da er den Beweis erbringen konnte, dass der Unfall durch die ungewöhnliche Fahrweise des Vordermanns verursacht wurde. Das konnte der Kläger mit Hilfe eines Gutachtens beweisen. Nach Aussagen von Sachverständigen und Zeugen hatte der Vorausfahrende ohne erkennbaren Anlass stark gebremst. Er trägt daher die Verantwortung für den Unfall.

Zu geringer Abstand muss kein Dauerzustand sein

Eine Verkehrsbehörde kann bereits dann eine „Abstandsunterschreitung“ als Verkehrsordnungswidrigkeit ahnden, wenn ein Autofahrer „zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar“ den in der Bußgeldvorschrift gewährten Abstand unterschritten hat. Ihm muss also nicht ein zu dichtes Auffahren auf den Vordermann von 400 Metern nachgewiesen werden. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte deshalb die Entscheidung der Vorinstanz, in der es um eine Fahrt auf der A2 mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h, die einen Abstand von 62 Metern erforderlich gemacht hätte; der Fahrer befand sich aber nur 17 Meter hinter dem vorderen Fahrzeug. 160 Euro Geldbuße und ein Monat Fahrverbot waren die Folge. (OLG Hamm, 3 RBs 264/14)

Unfälle auf Parkplätzen

Auf Parkplätzen herrscht verkehrsrechtlich gesehen das Prinzip „gegenseitiger Rücksichtnahme“. Was nicht heißt, dass die Regeln der Straßenverkehrsordnung komplett außer Kraft gesetzt wären. Das bedeutet: Wer auf einem Parkplatz auf der Suche nach einem Platz für seinen Pkw „von rechts“ kommt, darf nicht darauf vertrauen, dass aus einer Bucht ausparkende Autofahrer die „Rechts-vor-links-Regel“ eins zu eins beachten. Kommt es in einer solchen Situation zu einem Crash, so kann der „rechte“ Fahrer mit einem 30prozentigen Mitverschulden belegt werden. (LG Koblenz, 6 S 86/15)

Drängler können nicht mit „Kolonne“ argumentieren

Halten Autofahrer keinen ausreichenden Abstand zum Vordermann, so drohen ihnen saftige Strafen. Das gelte auch dann, wenn ein Pkw-Fahrer nach eigener Aussage in einer Kolonne gefahren und ein nachfolgender Autofahrer dicht aufgefahren ist.

Im konkreten Fall vor dem Oberlandesgericht Bamberg ging es um einen Autofahrer, der mit einem Tempo von rund 116 km/h lediglich knapp 16 Meter Abstand zum Vordermann eingehalten hatte. Ihm wurde eine Geldstrafe in Höhe von 320 Euro aufgebrummt sowie ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen – zu Recht. Eine Unterschreitung des Mindestabstands sei nur dann erlaubt, wenn der Vordermann abrupt abbremst oder er plötzlich die Fahrspur wechselt (was hier nicht der Fall gewesen ist.) (OLG Bamberg, 3 Ss OWi 160/15)


Beitrag zuletzt aktualisiert am 16. Februar 2023